Endlich das lang ersehnte "Missing Link" erworben!

17./18. 5. 2009

Seit ein paar Tagen habe ich endlich einen polyphonen analogen Synthesizer, nämlich den Korg Poly 800. Ich habe lange überlegt, ob ich mich für ihn oder einen Roland Juno 60 entscheiden soll. Letztlich habe ich mich für den Korg entschieden. Denn die Sounds sind nicht um so viel schlechter als die des oft so gelobten Juno 60, aber er ist um einiges günstiger zu bekommen. Dazu hat er im Gegensatz zum Juno Midi.

Damit habe ich jetzt nicht nur einen gut klingenden Synthie der 80er Jahre mit bestechenden warmen Sounds, sondern in meiner Synthie-Sammlung auch eine große Lücke schließen können. Denn betrachtet man die Entwicklung der kommerziell erwerbbaren Synthesizer seit den 60er Jahren, ist mir ein polyphoner analoger Synthie immer abgegangen.
Für die anderen Entwicklungen habe ich mindestens je ein Gerät:

Zwar besitze ich kein klassisches analoges monophones Moog Modularsystem aus den 60er Jahren. Aber seit der Renaissance dieser Systeme durch die Firma Doepfer in den 90er Jahren sind solche Systeme auch in kleinerer und günstigerer Bauweise zu bekommen und ein solches habe ich mir zusammengestellt.

Im nächsten Schritt der Synthesizer-Entwicklung wurden die analogen monophonen Instrumente als fest verdrahtete kompakte Geräte hergestellt und auch für den Otto-Normal-Verbraucher erschwinglich. Mein Korg MS-20, der 1978 zuerst erschien, ist als halbmodularer Synthie ein Übergang dazu (und mein 2010 erworbener Moog Realistic Concertmate MG-1 aus den frühen 80ern bildet mit seiner polyphonen Orgelfunktion schon wieder einen Übergang zum nächsten Schritt).
Diesen dritten großen Schritt der Synthesizer-Entwicklung bilden nämlich die polyphonen analogen Synthies. Jetzt war es möglich nicht nur eine Taste bzw. Stimme, sondern mehrere gleichzeitig zu spielen. Beim gerade erworbenen Poly 800 aus den 80er Jahren sind es bis zu 8 Stimmen, die man gleichzeitig spielen kann.

Im vierten großen Schritt ersetzt digitale Klangerzeugung die analoge. Kleine Prozessoren wie bei Computern sind dabei die Herzstücke dieser Instrumente. Den Siegeszug dieser Geräte leitete der DX-7 von Yamaha Mitte der 80er Jahre ein, der als einer der meistverkauftesten Synthesizer aller Zeiten gilt. Mit seiner FM-Synthese war er für klirrende und kalte Sounds bekannt. Mein Yamaha PSS-380 basiert auf dieser Technik, genauso mein Sampler Yamaha VS-200. Dazu schöpft der Yamaha SY-22, der seine Klangsynthese aus zwei Techniken speist, auch zur Hälfte seine Klänge aus der Frequenzmodulation, wie "FM" ausgeschrieben heißt. Allerdings wurden ab den 80er Jahren auch Synthies mit anderen digitalen Techniken kommerziell angeboten, die mehr oder weniger erfolgreich waren. So fußt mein Casio CZ-1000 auf der Phase Distortion Technik oder mein Kawai K-1 m zumindest zur Hälfte auf der additiven Klangsynthese. Vor allem aber letztere konnte sich nie entscheidend durchsetzen.

Dagegen markierte die PWM- oder AWM-Technik, die auf digital gespeicherten Klangsamples beruht, den nächsten großen Schritt der Synthesizer-Entwicklung ab Ende der 80er Jahre. Jetzt konnte der Synthesizer vor allem etwas leisten, was er vorher nur mangelhaft erfüllte, nämiich akustische Instrumente verblüffend echt nachzuahmen. Allerdings ist das auch kein Wunder, schließlich sind die erwähnten Samples nichts anderes als digital hochaufgelöste Aufnahmen der entsprechenden Instrumente und diese können nun auf Tastendruck abgerufen werden. Die schon erwähnten Kawai K-1 m und Yamaha SY-22 basieren jeweils zur zweiten Hälfte darauf (dazu auch die Klangerzeugung z. B. meines Casio CT-460 Keyboards).

Den sechsten großen Schritt der Synthesizer-Entwicklung machen virtuell analoge Synthesizer aus. In den 90ern gab es nämlich eine große Renaissance-Bewegung der analogen Instrumente. So entstand daraus der paradoxe Umstand, dass Instrumente geschaffen wurden, in deren Inneren ein Computer die analoge Klangerzeugung simuliert. Von außen sind diese Instrumente schließlich genauso mit Echtzeitreglern zu bedienen wie die früheren analogen Instrumente. Mein Roland JP-8000 ist ein Beispiel dafür. Klanglich stellen sie allerdings etwas eigenes dar, was zwischen normalen analogen und digitalen Instrumenten steht.

Im siebten großen Schritt der Synthesizer-Entwicklung wurden ab Ende der 90er Jahre Softwaresynthesizer entwickelt, die das Konzept der virtuellen analogen Instrumente von der Hardware auf die Software übertragen und auf x-beliebigen Computern laufen. Man muss an den Computer nur noch ein Masterkeyboard anschließen und kann sofort loslegen. Mittlerweile kann man sich hunderte solcher Synthesizer aus dem Internet kostenlos herunterladen, wie z. B. den Minimogue.

Schließlich kamen in den letzten Jahren Instrumente mit neuen Benutzerkonzepten auf den Markt. Am berühmtesten ist im Moment das Tenori-on von Yamaha. Mein Korg Kaossilator mit seinem Pad ist dafür ein anderes Beispiel. Aber auch mein iPod touch (bzw. seit Mitte 2012: mein ipad) mit ihren intuitiv bedienbaren Touchscreens gehören in diese Reihe, auch wenn man hier noch zusätzlich Software (Apps) benötigt.

Natürlich hat eine Bescheibung der Synthesizer-Entwicklung in dieser Kürze etwas Willkürliches. Manche werden sicher ihrer Meinung nach wichtige Schritte wie die ersten Synthies mit speicherbaren Sounds ab dem Prophet 5 oder die ersten "bezahlbaren" Workstations ab dem Korg M1 und vieles mehr vermissen. Trotzdem hoffe ich, dass diese Beschreibung ein wenig von meiner Passion für Synthies mitteilen kann!

Bis bald!
Georg

PS: Mittlerweile (Stand: 2021) hat diese Beschreibung für mich etwas sehr Naives und Ungenaues an sich. So habe ich mittlerweile einerseits viel mehr Synthies und weiß trotzdem dass mir noch viele Missing Links abgehen. Andererseits ist mir auch bewusst, dass der oben groß herausgestellte Poly 800 nur ein paraphones und damit nicht einmal wirklich polyphones Gerät ist (weil er insgesamt nur ein VCF und ein VCA besitzt). Trotzdem stehe ich aber noch immer zu dieser Beschreibung, weil sie für mich persönlich einen wichtigen Schritt meiner "musikalischen" Passion dokumentiert, auch wenn der von außen betrachtet wahrscheinlich sehr klein ist.